Barking up the wrong tree

Der "Fall" Markus Roder

Ein Symptom

06-02-2018
 

facebook ist eine grottige Plattform. Irgendwann war irgendwas, du findest es nie wieder. Das Scrollen in der timeline: a nightmare.
Irgendwann habe ich mal irgendwas über Atomkraft gesagt; gern würde ich nachlesen, was das war, ich finds nicht wieder. Irgendwas, das ich dort gesagt habe, fand die Zustimmung von Markus Roder, der mir dann die Freundschaft anbot.

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Nun bin ich in den meisten meiner Positionen ein Held des Einerseits…Andererseits. Viele der Mainstream-Positionen gefallen mir nicht, sogar besonders dann, wenn ich ihnen „im Prinzip“ zustimme. Ganz oft spielen die „falschen Motive“ dabei eine Rolle, oder die vorsätzliche Blindheit gegenüber Inkonsistenzen und Widersprüchlichkeiten, nicht selten ist Doppelmoral und Bigotterie im Spiel usw. Es könnte also sein, dass ich gesagt hatte: Solange ich denken kann, bin ich Atomkraftgegner, aber wenn Atomkraft die Alternative zu einer „noch schlimmeren Technologie wäre“ …  oder so ähnlich. Oder: „wenn die Entsorgung gelöst wäre …“ oder …

Anyway: Markus Roder war mein „Freund“. Ich meine mich zu erinnern, dass mir nach 14 oder so Tagen sein Stream auf den Keks ging, jedenfalls hab ich ihn geblockt. Ich hab jetzt nochmal reingeschaut: MINDESTENS verstehe ich seinen Humor nicht. Mehrheitlich weiss ich nicht, wovon er redet. Gelegentlich klingt etwas seltsam. Und eben irritierten mich diese beiden Bilder.

Jetzt hatte @MichaelSeemann so ein „rencontre“ und konstatiert, dass Markus Roder seine rechtsradikale Maske hätte fallen lassen. Und dass 45 seiner Freunde (Seemanns Freunde) mit Roder befreundet seien. „WTF??“ Verflucht! Mich bringt das in Bedrouille. Weder will ich Nazis in meinem „Freundeskreis“, noch glaube ich alles, was auf facebook so hin- und herschwappt. Und schliesslich will ich auch nicht jedem hinterherlaufen, der eine andere Meinung nicht aushält und gleich „Haltet den Dieb“ schreit. 

Jetzt müsste ich mir selbst eine Meinung bilden. Nur: WEDER will ich mich mit identitären oder libertären Ideologien auseinandersetzen, noch mit anderem Nazigedankengut, noch mit „Verdachtsfällen“. 

Ich verfolge meine Themen: und in denen geht es GEGEN diese ganze Scheiss Identitätsauseinandersetzung und FÜR eine zukunftsorientierte Gedankenarbeit. Ich halte das (und das steht jetzt für eine ganze Palette von Auseinandersetzungen, von gender bis altright),  gesellschaftlich, theoretisch und politisch für die falschen Baustellen: „Barking up the wrong tree“. 

Zitat: „Hieran zeigt sich übrigens, dass die postmoderne These falsch ist derzufolge man auf keinen Fall die verschiedenen Kämpfe hierarchisieren dürfe – etwa im Sinn der alten marxistischen Auffassung von der Priorität des ‚Hauptwiderspruchs‘ über die ‚Nebenwidersprüche‘. Die Kämpfe sind tatsächlich nicht allesamt gleichrangig. Denn wenn man mit den Kämpfen der Diversität beginnt, kommt man niemals zur Gleichheit. Ja, schlimmer noch: Man erreicht nicht einmal etwas für die Diversität […]. Beginnt man aber mit der Gleichheit und gelangt zu einer Lösung, dann bleibt auch von den Problemen der Diversität nichts mehr übrig …“ (Pfaller, 2017:38) Ich hätte Zweifel, ob ich den Kampf um Gleichheit in den Rang eines  Hauptwiderspruchs erheben sollte, weil ich nicht an die Gleichheit glaube, aber das Prinzip des Argumentes gilt.

Anyway: Ich vermute, dass Michael Seemann in der Sache Recht hat (bringe aber nicht die Energie und Disziplin auf, diese Frage für mich gültig zu klären). Und dieser Energiemangel resultiert aus eben der falschen Frage. Der Mann interessiert mich nicht. 

Es ist aber auch grundsätzlich, ja, philosophisch. 

Da ich weiss, dass Seemann nicht blöd ist, frage ich mich, warum er sich immer und immer wieder auf diese Schaukämpfe resp. Nebenkriegsschauplätze einlässt. Ich habe den thread mit Markus Roder gelesen: sicher ist doch, dass KEIN Argument, das Seemann oder wer hier vortragen wollte, a) Markus Roder erreicht und/oder b) dessen Meinung beeinflusst. „Wenn …. … heisst, dann bin ich gerne Nazi.“ Was gibt es da zu argumentieren?

Im GEGENteil. Hat denn der Seemann aus dem Trump nichts gelernt: DEINE Aufmerksamkeit ist SEIN Futter!? Doch. Er weiss es. 

Ich halte das für ein Symptom der Ratlosigkeit. 

„Die Linke“, die ausserparlamentarische Opposition oder wie man das links-liberale Lager auch fassen will, hat keine Zielvorstellung. Zurecht sieht und kritisiert sie die kleinen Fehlfarben und grossen Katastrophentreiber der Gegenwart, aber sie hat keine Vorstellung, wie die Gesellschaft anders zu organisieren sei. Sie spürt den Mangel und will ihn nicht eingestehen; übrigens geht es der SPD nicht anders. Und weil sie das nicht weiss, zugleich aber eine gesellschaftliche Verantwortung schwer auf ihr lastet („Was habt Ihr getan als …“), verkrallt sie sich in jede Position, in jeden fight, die oder der sie als der „richtigen“ Seite zugehörig identifiziert. Das beruhigt das eigene Gewissen, in Wahrheit sind es Ersatzhandlungen.